Urteile Sozialleistungsbezug

02.09.2015

Gleichmal vorab es geht nun nicht um den Fall des betroffenen Ausländers wegen dem es zu diesem Urteil kam, spekulieren macht also keinen Sinn! Wobei es natürlich auch für ausländische Mitbüger interessant ist dies zu wissen um es eventuell heranziehen zu können.

Es geht mir um die Formulierungen, also den Inhalt und die Sichtweise und Beurteilung des Gerichts zum Thema Existenzminimum.

Sozialgericht Mainz Beschluss vom 2. September 2015 Az.: S3 As 599/15ER

Auszug:

´´ Den Spielraum um existenzsichernde Hilfsleistungen vollständig zu kürzen, den sich der Gesetzgeber einräumt, steht per se nicht im Einklang mit den Grundgesetzen!´´

´´ Den der Staat habe die Pflicht das physische Überleben und ein Mindesmaß an sozialer Teilhabe des Menschen im Falle der Hilfsbedürftigkeit zu garantieren!´´

Für mich ergiebt sich daraus das die Vollsanktionspraxis nach sogenanntem ´´ einmaligen Vergehen´´ für unter 25jährige ein No Go sind. Überhaupt die Kürzung des gesetzlich festgelegten Existensminimums auch durch diese Beurteilung wieder einmal auf die Ebene der Grundgesetz und Verfassungsfeindlichkeit und Wilkür erhoben wird.

http://www.juraforum.de/recht-gesetz/hartz-iv-leistungen-nun-auch-fuer-arbeitsuchende-auslaender-535396

10.08.2015
Die Kammer ( Sozialgericht Dresden) schließt sich der Auffassung des Sozialgerichtes Gotha an welches sagt ´´Sanktionen sind Verfassungswidrig´´

Alle nachfolgenden Minderungen sind zwischenzeitlich vom Sozialgericht aufgehoben worden und können daher im Rahmen von § 31a Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB II nicht mehr berücksichtigt werden (Berlit, a. a. O., § 31a Rn. 16 m. w. N.). Damit kann es offen bleiben, ob die § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 31a Abs. 1 Satz 3, § 31b SGB II wegen Verstoßes gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. dem Sozialstaatsgebot, Art. 20 Abs. 1 GG) VERFASSUNGSWIDRIG SIND, WOVON, DIE KAMMER ÜBERZEUGT IST (vgl. im Einzelnen SG Gotha, Vorlagebeschluss vom 26. Mai 2015 – S 15 AS 5157/14 –). Man beachte das in Großbuchstaben.
Die Kammer schließt sich der Meinung des Sozialgerichtes Gotha an
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=180102&s0&s1&s2&words&sensitive

26.05.2015
Eine kleine Sensation in der Rechtsprechung eines Sozialgerichtes. Ein Empfänger von Transferleistungen nach SGB II klagte gegen Sanktionen welche gegen ihn verhängt wurden und bekam Recht. Die Sensation liegt allerdings darin dass das Sozialgericht Gotha die Sanktionspraxis generell als nicht Verfassungskonform einstufte und zur Überprüfung in diesem Zusammenhang an das Bundesverfassungsgericht als Beschlussvorlage verwiesen hat.

Sozialgericht Gotha Auszug Aktenzeichen S15 AS 5157/14-

Die Bedenken der grundsätzlichen Verfassungsmäßigkeit der Sanktionsregelung SGB II werden von der anerkennenden Kammer geteilt. ´´ Damit kann es offen bleiben, ob die § 31 Abs.1 Satz 1 Nr.2 i.V.m. § 31a Abs. Satz 3, § 31b SGB II wegen Verstoßes gegen das Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ( Art. 1Abs. 1GG i.V.m. Sozialstaatsgebot Art. 20 Abs. 1 GG), Verfassungswidrig sind, WOVON DIE KAMMER ÜBERZEUGT IST.
Dazu der DGB Rechtsschutz
http://www.dgbrechtsschutz.de/recht/sozialrecht/arbeitslosigkeit/sozialgericht-haelt-kuerzung-von-hartz-iv-fuer-verfassungswidrig/

09.02.2010
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9. Februar 2010 beschäftigt sich in der Hauptsache mit dem Verfahren zur Berechnung des Regelsatzes von Hartz-IV-Beziehern, wobei es zu dem Schluß kam, daß dieses nicht nachvollziehbare Berechnungsverfahren verfassungswidrig seien. Unter diesem Aspekt wurde das Urteil denn auch in den bürgerlichen Medien breitgetreten, wohl um von einem anderen abzulenken. Unbemerkt blieb dieser Aspekt dennoch nicht. Noch am gleichen Tag veröffentlichte ein breites Bündnis seine Forderung nach einem Sanktionsmoratorium, also die Aussetzung der Sanktionen gegenüber Hartz-IV-Beziehern.

Ab Randziffer 133 beschäftigt sich das Urteil – in dem der Begriff “Sanktion” gar nicht vorkommt(!) – nämlich mit dem “Existenzminimum” und stellt in Randziffer 137 dessen “unverfügbaren” Anspruch fest. Laut Randziffer 134 muß dieser Anspruch durch den Staat gesichert werden. Randziffer 135 verlangt, daß die gesamte physische Existenz des Menschen, seine zwischenmenschlichen Beziehungen und eine Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben zu sichern ist. Dieses Existenzminimum wird laut Randziffer 148 durch den sogenannten Regelsatz und weitere Leistungen wie Krankenversicherung und Kosten für Unterkunft und Heizung gesichert. Bei dieser Bestimmung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums geht das BVerfG gleichzeitig von der Menschenwürde des Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes und dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz aus. Zumindest in dieser Hinsicht bedeutet das Urteil einen klarstellenden Fortschritt.

Die Sanktionen gegenüber Hartz-IV-Beziehern verletzen die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Sie sind verfassungswidrig, weil das Existenzminimum das physische Überleben sichern soll, was eine Grundvoraussetzung für die Wahrnehmung aller freiheitlichen und sozialen Rechte ist. Diese werden zu Formalien, wenn das Existenzminimum nicht garantiert ist.

Das derzeitige deutschen Sozialrecht verbindet die Gewährung staatlicher Leistungen – also ein “unverfügbares” Grundrecht – an die Mitwirkung der Leistungsbezieher, verlangt also so etwas wie eine Gegenleistung, wenn dieser sein Recht bekommen will. Werden diese – nach Auffassung der Behörde – nicht erbracht, so nennt man dies “Pflichtverletzungen”, woraufhin man sich der Sanktionsnormen der Paragraphen 31 a, 32 SGB II bedienen und Hartz-IV-Beziehern Leistungen streichen kann. Bei mehreren “Pflichtverletzungen” kann die gesamte Leistung gestrichen werden. Was faktisch auch dazu führt, daß die grundgesetzlich geschützte Wahrnehmung von Freiheitsrechten wie z.B. die Berufsfreiheit und die Selbstbestimmung bestraft werden.

http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20100209_1bvl000109.html